REZENSION
Manchmal braucht es keine langen Sitzungen. Kein tiefes Graben, kein großes Vorhaben. Sondern einfach ein Werkzeug – zur richtigen Zeit, am richtigen Ort. Ein Impuls, der kurz innehalten lässt. Ein Gedanke, der weiterhilft, ohne zu überfordern. Genau diesen Anspruch stellt das Buch „Therapie to go“* – und erfüllt ihn auf erstaunlich bodenständige Weise.
Der Autor, Sacha Bachim, versammelt auf gut 250 Seiten eine Art Erste-Hilfe-Koffer für die Psyche. 100 Methoden, mal aus der Verhaltenstherapie, mal aus der Achtsamkeitspraxis, mal ganz pragmatisch. Und obwohl man bei so einer Zahl skeptisch sein könnte – zu viel, zu schnell, zu oberflächlich? – gelingt dem Buch etwas Bemerkenswertes: Es nimmt seine Leser:innen ernst. Ohne sie zu überfordern.
Alltagstauglich – aber nicht banal
Viele der beschriebenen Tools sind leicht umsetzbar, oft in wenigen Minuten, manchmal mit etwas Reflexion. Sie erinnern an das, was viele Menschen in der Therapie als unterstützend erlebt haben: kleine Rituale, neue Sichtweisen, konkrete Übungen. Das Buch will nicht heilen. Es will begleiten. Und das tut es mit einer Mischung aus Fachlichkeit und Humor – manchmal ein wenig flapsig, ja, aber nie respektlos.
Was positiv auffällt: Die Methoden sind nicht verkleidet als Wundermittel. Stattdessen werden sie eingeordnet – als Angebote. Wer schon therapeutische Erfahrung hat, wird vieles wiedererkennen. Für Einsteiger:innen ist es eine gute Landkarte: zum Stöbern, Ausprobieren, Nachspüren.
Ein paar kritische Notizen
Natürlich ist nicht alles perfekt. Sprache und Tonfall wirken mitunter bemüht witzig – was nicht bei jeder Leser:in gut ankommt. Und auch die Entscheidung, auf gendersensible Sprache zu verzichten, wird in einigen Rezensionen kritisch angemerkt. Einzelne kulturell sensible Begriffe hätten überdacht werden dürfen. Das schmälert den inhaltlichen Wert nicht grundsätzlich, wirft aber Fragen auf, die bei einem Buch über psychologische Achtsamkeit durchaus Gewicht haben.
Warum es trotzdem wirkt
„Therapie to go“ ist kein tiefenpsychologisches Werk. Und will es auch nicht sein. Es ist ein Werkzeugkasten – offen, praxisnah, manchmal überraschend persönlich. Die große Stärke liegt in der Vielfalt: Es gibt Techniken zur Emotionsregulation, Übungen für Selbstmitgefühl, kleine Interventionen für stressige Situationen. Manche wirken sofort, andere brauchen Zeit. Und genau darin liegt der Wert: Man kann blättern, probieren, verwerfen, wiederkommen.
Es ist kein Buch, das man einmal liest und dann weiterzieht. Es ist eines, das mitgeht. In die Bahn, ins Büro, in den Alltag. Und manchmal reicht schon ein einziger Gedanke, um den Tag in eine andere Richtung zu lenken.
Fazit:
„Therapie to go“ eignet sich nicht als Ersatz für eine fundierte Psychotherapie – aber sehr wohl als Begleiter. Als Einladung, sich selbst besser zu verstehen, achtsamer zu werden, handlungsfähiger. Für Menschen, die nach Orientierung suchen, für jene, die sich Impulse wünschen – und für alle, die einfach ein wenig mehr psychologisches Handwerkszeug im Alltag gebrauchen können.
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